Pferd und Treibjagd

Haftet der Veranstalter wenn Pferde durch Schussgeäusche zu Schaden kommen?

Herbst und Winter sind die Zeiten der Treibjagd. Die Unruhe durch das Jagdgeschehen hat schon manchem Pferdebesitzer Probleme bereitet. Umso erstaunlicher ist es, dass man in der Obergerichtlichen Rechtsprechung nur wenige Entscheidungen mit Bezug darauf findet. Zum Thema Treibjagd und Pferd existieren – soweit ersichtlich – derzeit nur 2 widersprüchliche Urteile aus jüngerer Zeit, die sich mit der Frage eines Schadensersatzes befasst.

1)  Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte mit Urteil vom 28.01.2004 – I-15 U 66/01 über einen Fall zu entscheiden, in dem bei einer Treibjagd sich die Jäger bis auf etwa 50 Meter einer Pferdeweide näherten und auch von dort in Richtung der Weide schossen. Ob auch Hunde auf die Weide liefen, blieb offen. Eine auf der Weide stehende Stute verendete infolge einer Aortenruptur (ohne äußere Verletzungen).

Das Oberlandesgericht entschied hier in 3 wichtigen Punkten wie folgt:

a) Es handelt sich nicht um einen Jagdschaden im Sinne von § 33 BJagdG, sodass die Ansprüche hier nicht in der kurzen Frist des § 34 Abs. 1 BJagdG von nur 1 Woche der zuständigen Behörde gemeldet worden sein müssen. Es gilt vielmehr allgemeines Schadensersatzrecht.

b) Der Jagdpächter und Veranstalter einer Treibjagd als „… Urheber einer besonderen Gefahrenlage, wie sie die Ausübung der Jagd darstellt, ist verpflichtet, die gebotenen Vorkehrungen zu treffen, um Dritte vor einem drohenden Schaden zu bewahren“. Hierzu muss er ihm zumutbare Maßnahmen ergreifen, um die Besitzer von Pferdeweiden, die im Bereich des Treibens liegen vor dem Treiben warnen/informieren, um ihnen die Möglichkeit zu geben, die Tiere zu entfernen.

c) Der Pferdebesitzer muss sich die (typisch tierische) Schreckhaftigkeit des Pferdes als anspruchsminderndes „Mitverschulden“ zurechnen lassen.

Durch dieses Urteil des Oberlandesgerichts wurde das Urteil des erstinstanzlichen Landgerichts Düsseldorf vom 25.01.2001 – 3 O 442/98, das Schadensersatz ohne Anrechnung eines Mitverschuldens zugesprochen hatte, teilweise aufgehoben. Das Urteil ist rechtskräftig.

 

2)  Völlig konträr entschied kürzlich das Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.01.2013 – I 9 U 84/12.

In dem dort zu beurteilenden Fall standen auf Weideflächen des Klägers, die in ca. 100 m Abstand zu einem Wald lagen, einige Pferde. Durch Schussgeräusche geriet ein Pferd in Panik, verletzte sich und musste notgetötet werden. Sein Besitzer verlangt vom Jagdpächter bzw. Veranstalter der Treibjagd Schadensersatz in Höhe des Pferdewertes.

Das Oberlandesgericht bestätigte das Urteil des Landgerichts Münster und entschied:

a) Auf mit einer Jagd verbundene Schussgeräusche muss nicht vorher hingewiesen werden. Es handelt sich um eine „waldtypische Geräuschkulisse“, die als Lärmbelästigung hinzunehmen ist, sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen (z.B. Schussabgabe in unmittelbarer Nähe eines Reiters).

b) Nach dem Jagdkonzept hätten in unmittelbarer Nähe der Weide keine Schüsse abgegeben werden sollen. Ob dort geschossen worden war, wurde nicht geklärt. Selbst wenn es so gewesen sein sollte, würde der Jagdveranstalter nicht haften, da ein derartiges Verhalten der Jagdgäste für den Veranstalter nicht vorhersehbar ist.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; der Rechtsstreit derzeit in dritter Instanz beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen BGH VI ZR 91/13 anhängig.